Roman

Ein Rückblick

von Roman

 

Nach dem inspirierenden Tag mit Richard Rohr im letzten Jahr war ich sehr neugierig was mir der heutige Männerimpulstag mit Kai Romhardt zum Thema „Achtsamkeit“ schenken wird. Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt.

Neugierig, in freudiger offener Erwartung und doch noch etwas zurückhaltend begrüßen sich etwa (35) männliche Teilnehmer am Sonntagmorgen beim für manchen schon 2. Frühstück in den Klosterräumlichkeiten.

Männer bilden einen Sesselkreis im großen Saal des Franziskanerklosters und werden von Peter Fiala und Kai Romhardt herzlich begrüßt und in den kommenden Ablauf eingeführt.

Kai beginnt den Impulstag mit einer A.L.I. Meditationsübung. A wie Atmen, L wie Lachen und schließlich I wie Innehalten. A.L.I. eine einfache aber doch für mich tiefgehende Meditationspraxis die uns über den ganzen Tag und darüber hinaus begleiten wird.

Allein das A wie Atmen gibt mir Kraft und auch innere Ruhe. Ein starkes tiefes Einatmen und ein entspannendes Ausatmen. Dazwischen leichtes Lächeln wie Buddha oder Mona Lisa das zur inneren Ruhe und zu einem kurzen Innehalten führt. Diese Übung habe ich bis heute 2 Wochen nach dem Impulstag bereits in meinen Alltag übernommen um besser „runterzukommen“ um fokussierter auf eine Sache (single tasking) zu sein. Das kann bei mir vor einer langen Autofahrt als auch vor schwierigen Telefonaten passieren.

In Gruppen berichten wir über unsere individuellen Erkenntnisse aus unseren A.L.I. Übungen. Da fällt auch der Begriff des „Deep Listening“, ein ehrliches, tiefes Zuhören und Ausreden lassen.

Kai spricht das Thema „Bewusst Stehen, Gehen, Sitzen und Liegen an. Ab da werde ich mir zum ersten Mal an diesem Tag wirklich bewusst was Achtsamkeit im Alltag bedeutet.

Ein weiteres Erlebnis war für mich die praktizierte Geh- und Sitz-Meditation der 5 Stufen Buddhas. Beindruckend wie (35) Männer im Kreis meditativ und achtsam gehen.

Die anwesenden Männer spüren die Kraft der Gruppe, die Kraft des Zusammen kommen. Einfach Mindful Coworking – Achtsame Zusammenarbeit. Etwas Gemeinsam machen bringt im Arbeitsleben Gemeinschaftlichkeit. Einfach ein A.L.I. in den Arbeitsprozess integrieren. Was? Wieviel? Wie und warum arbeite ich? Was bringt Ärger, was schafft Freude und macht Glücklich?

Achtsamkeit im Wirtschaften. Das Maß, die Balance finden. Welches Umfeld wähle ich bei meiner täglichen Arbeit? Bin ich freier als ich denke? Welchen Lebensstandard möchte und brauche ich?

Achtsamkeit bei den Medien? Welche Kanäle und Medien nütze und brauche ich wirklich? bzw. Schaue Dir mal bewusst ein Werbeplakat an.

Die Essens- Meditation: Wir essen jeder für sich allein in der Stille. Zwar gemeinsam im großen Klostersaal an den großen schweren Tischen aber doch jeder für sich alleine. Einfach beobachten. Nach jedem Bissen innehalten und bewusst und achtsam mit der Nahrung umgehen. Einfach auch mal eine Pause zwischen den einzelnen Bissen machen.

In der nachfolgenden Gruppendiskussion erzählen Männer, dass sie hier im Alltag oft das Essen „hinunterschlingen“ und eben nicht auf Ihren Körper hören und achtsam sind. Mir geht es auch so. Achtsam auf den Körper sein, wenn er signalisiert dass er satt ist. Aber auch wirklich genießen und verlangsamt Essen.

Nach einer schriftlichen Selbstreflexion zu Arbeit und Geistesschulung beschließen wir den Tag. Natürlich mit einem A.L.I.

LG Roman

Heinz

Zum Männerimpulstag mit Kai Romhardt

Nachlese von Heinz

 

Mit Dr. Kai Romhardt konnten Peter und Andreas auch 2019 einen Top-Referenten für den Wiener Männerimpulstag gewinnen.

Kai erzählt in knappen Worten seine Lebensgeschichte: Die ersten 30 Jahre auf der „Überholspur“ gelebt. 1987 das Gymnasium in Hamburg als Jahrgangsbester absolviert, Studium von Management und Organisation an der Universität St. Gallen, mit 28 Jahren einen Management-Bestseller zum Wissensmanagement geschrieben, mit 30 Jahren summa cum laude promoviert, einen Forschungspreis gewonnen und einen gediegenen Weinkeller zugelegt.

Und dennoch, oder gerade deswegen: Zusammenbruch und Sinnkrise mit Anfang 30.

Durch die Lehren des tibetischen Zen-Meisters Thich Nhat Hanh und seinen zweijährigen Aufenthalt im Kloster und Meditationszentrum Plumvillage findet er eine Neuausrichtung: „Achtsame Wirtschaft“ wird sein Thema und Lebenswerk. Als Einstiegslektüre empfiehlt er sein Buch „Slow Down your Life: Vom Glück der Gelassenheit“.

Durch den sehr kurzweiligen Tag führt Kai mit seinen kurzen Vorträgen und einer Vielzahl von praktischen Übungen aus seiner über 20-jährigen Achtsamkeitspraxis; davon haben mich am meisten berührt:

  • ALIAtmung-Lächeln-Innehalten: in unregelmässigen Abständen wird damit zwischen zwei Klang-Signalen unser ganzes System wieder zentriert und wir sind wieder wirklich präsent
  • Das gemeinsame achtsame Mittagessen: In Schweigen mit voller Achtsamkeit auf den aktuellen Bissen im Mund geniessen wir unser Essen und respektieren den Augenblick, in dem unser Körper rückmeldet, dass er satt geworden ist
  • Nach dem Mittagessen führt Kai unsere Männerrunde auf einen schweigenden, achtsamen Gang durch die Innenstadt zum Stadtpark und wieder zurück: Es ist aufregend zu beobachten, welche Reize, Erlebnisse und Wahrnehmungen PLÖTZLICH DA SIND, WENN MAN VERLANGSAMT UND ACHTSAM GEHT
  • In den kleinen Gruppenübungen wirkt für mich das Highlight des Tages: „TIEFES ZUHÖREN UND GEHÖRT WERDEN“ => siehe dazu auch meine Einladung: WIR GESTALTEN EINE ACHTSAME MÄNNERRUNDE IN WIEN. Sowohl bei mir selbst als auch bei den anderen Männern merke ich, wie heilsam diese Praxis für die Seele ist und welche BESONDERE QUALITÄT IM MITEINANDER ENTSTEHT

 

Für mich ist der Tag viel zu schnell verflogen. UND FÜR MICH IST DABEI KLAR GEWORDEN:

DIESEN WEG DER ACHTSAMKEIT WERDE ICH IN MEIN LEBEN INTEGRIEREN,
ZU MEINEM WOHL UND DEM WOHL MEINER UMGEBUNG
!

Manfred

Achtsamer Mann – glücklicher Mann?

Von Manfred

 

„Ich dachte immer, wenn ich den nächsten Gipfel erklimme,  wenn ich das nächste Diplom geschafft hab oder meinen Doktor mache, dass dann irgendwann“, so erzählt Kai Romhardt seinen Werdegang, „der Himmel aufgeht, ein Chor erscheint und mir gratuliert, dass ich es geschafft habe. Ich hab gemerkt, dass diese Belohnung, die ich mir da erträumt hab, dass sich die nicht einstellt.“

An die vierzig Männer haben sich im Saal eines Klosters in der Wiener Innenstadt versammelt, Österreicher, Deutsche, Ungarn, Junge, Alte. Romhardt ist buddhistischer Lehrer, Trainer, Buchautor. Er leitet den Workshop „Achtsamer Mann – Glücklicher Mann?“ und blickt zurück: Bis dreißig beruflich ein Überflieger („Ich war ziemlich schnell unterwegs“), dann Krise, Rückzug, Neubeginn. Was will ich denn wirklich? Der achtsame Blick auf sich und das Umfeld werden wichtig.

„Kennt jemand ALI?“

Von draußen dringt Glockengeläut durch dicke Mauern, drinnen rahmt schweres Eichenholz Wände und Fenster. Es ist ein Sonntag, August 2019. Fetzen vertrauten katholischen Messgesangs sind zu hören. Kai Romhardt formt die eintreffenden Männer zum Kreis. „Kennt jemand ALI?“, fragt er und blickt rechts und links in die Runde.

Ein paar nicken. „A steht für atmen, L für lächeln und I für innehalten. Das werden wir heute immer wieder üben.“ Kleine Gruppen, große Gruppe, Arbeit zu zweit, Vortrag – was immer das Programm bereithält, nach kurzen Abständen nimmt Romhardt  seine Glocke, läutet und unterbricht damit den Fluss. Atmen, lächeln, innehalten.

In der Einladung zu dem Workshop heißt es: „Was kann die mehr als 2.500 Jahre alte Tradition der Entwicklung und Schulung unserer Achtsamkeit für uns Männer heute bewirken? Im Beruf, in der Sinnfindung, bei Problemen, in Beziehungen?“

Männer sind es im Beruf gewöhnt, zügig Listen abzuarbeiten. Hier in diesem Workshop müssen sie  umschalten, Tempo rausnehmen. „Tut konzentriert und aufmerksam, was eben zu tun ist. Nehmt den Moment bewusst wahr und genießt ihn.“ Wir Männer, sagt Romhardt, neigen dazu, die Pausen mit Arbeit vollzustopfen. Wenn Pause ist, macht wirklich Pause. Wenn ihr euch immer mit der Vergangenheit beschäftigt oder auf ein Ziel in der Zukunft hinarbeitet, dann verliert ihr den Bezug zum Moment.

Slow down your life

Kennt ihr die vier Positionen? Stehen, gehen, liegen, sitzen. Achtsamkeit, so verstehe ich ihn, bedeute, dem Augenblick große Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn man steht, dann bewusst stehen, konzentriert im Moment sein. Beim Gehen nur gehen, beim Liegen wirklich liegen und beim Sitzen aufmerksam sitzen. Slow down your life, so lautet auch der Titel eines seiner Bücher.

Tempo rausnehmen beim Essen: Langsam essen, lange kauen, den Geschmack spüren. Tempo rausnehmen beim Gehen. Nach dem Mittagessen treffen sich etwa 20 Männer im Hof zur Gehmeditation, gehen sehr langsam hinaus in die engen Gassen der Wiener Altstadt. Schritt – Schritt – noch ein Schritt. Ein Trupp schweigender Männer schreitet in Sommerhitze und Slow Motion über den Asphalt. Touristen werfen schräge Blicke von der Seite. Was ist mit denen? Wir überqueren den Ring, gehen in halber Zeitlupe durch den Stadtpark. Rundum Gewusel, Handys, Selfies, Kinder, Hunde. Die äußere, gemessene Bewegung beginnt langsam die innere Unruhe zu besänftigen. Schritt – Schritt – noch ein Schritt. Wir umrunden den goldenen Johann Strauss, queren die Wiese dahinter und kehren zurück in den dunklen Klostersaal.

Langsam aufeinander zugehen

Am Abend nach dem Ende des Workshops zu Hause der Griff ins Regal, Buch aufgeklappt und die unterstrichenen Stellen gesucht: „Dreimal hinsehen, einmal handeln. Junge Leute begreifen das nicht immer. Langsam und fehlerlos ist besser als schnell und zum letzten Mal.“ – „Frieden entstand überall dort, wo man langsam aufeinander zuging.“ – „Er wusste, dass sein Zuhörer alles begriff, wenn er Pausen bekam.“ Das Buch ist von Sten Nadolny, der Titel „Die Entdeckung der Langsamkeit“. Mein handschriftlicher Eintrag stammt vom 24.12.1988. Den Roman hatte ich damals mit Genuss verschlungen, begriffen aber nicht. Den Vater begraben, die Wohnung renoviert, den Zivildienst begonnen. Zack, zack, zack.

No mud, no lotus

Hier im Workshop erhalten wir gelbe Zettel („Kontemplation für beschäftigte Leute“). Da lese ich: „Möge ich beim Zuhören den inneren Parallelvortrag zum Schweigen bringen.“ Wir sind zu zweit und üben das tiefe Zuhören. In dem Maß, in dem es mir gelingt, die in mir aufspringenden Sätze zu beruhigen, beginnt sich auch das Gesicht meines Gegenübers zu lockern. Seine Scheidung, der Verlust der Kinder und Schmerz brechen hervor. Innerhalb weniger Minuten ist offener Austausch mit einem Fremden möglich. „No mud“, höre ich am anderen Ende des Saales, „no lotus.“

Quelle für das Einstiegszitat: https://www.youtube.com/watch?v=c_1tDmWvG8U